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Höchstes EU-Gericht: Alle deutschen Autokreditverträge sind rechtswidrig – was Verbraucher jetzt tun können

  • 25. September 2021

Das EU-Recht ist einfach und verbraucherfreundlich: Wenn eine Bank Kreditverträge vergibt, muss sie ihre Kunden klar und verständlich belehren. Tut sie das nicht, kann der Kreditvertrag jederzeit – auch viele Jahre nach Vertragsschluss – widerrufen werden. In diesem Fall müssen die Verbraucher ihre Restschulden nicht mehr tilgen und haben sogar Anspruch auf Rückzahlung ihrer Anzahlung und aller bereits gezahlten Monatsraten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun mit Urteil vom 09.09.2021 (Az. C-33/20, C-155/20 und C-187/20) höchstrichterlich entschieden: die von deutschen Banken verwendeten Klauseln sind europarechtswidrig. Damit stärkt der EuGH die Rechte der Verbraucher ganz massiv und kippt zugleich die bankenfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in den letzten Jahren mehrfach entschieden, dass die Kreditverträge der Autobanken nicht zu beanstanden seien. Auch eine Klärung durch den EuGH sei nicht erforderlich, weil der BGH meinte, dass seine eigenen Urteile offensichtlich richtig seien. Dagegen liefen nicht nur Verbraucherschützer Sturm. Auch das Landgericht Ravensburg hatte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser bankenfreundlichen Rechtsprechung des BGH. Auf die Vorlage des Landgerichts Ravensburg hat der EuGH jetzt höchstrichterlich entschieden: die von den Banken in Deutschland verwendeten Klauseln sind unklar und unverständlich.

Die Reichweite dieses Urteils ist gigantisch. Denn das Urteil betrifft Millionen von Autokrediten.

Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen: „Die Verfahren vor dem EuGH betreffen Autokreditverträge der Volkswagen Bank und der BMW Bank. Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir allerdings: Die vom EuGH gerügten Fehler finden sich in allen Verbraucherkreditverträgen aller in Deutschland tätigen Banken seit 2010. Es ist kaum ein Kreditvertrag denkbar, der nicht widerrufbar ist.

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Die Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig hat die Thematik fehlerhafter Autokreditverträge erstmals im Jahr 2016 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und im Jahr 2017 ein erstes Urteil zu dieser Thematik gegen die Volkswagen Bank vor dem Landgericht Berlin erstritten. Die mediale Beachtung zu diesem und weiteren Urteilen war enorm. Seither hat die Kanzlei vielen tausend Verbrauchern zu ihrem Recht verholfen. Die entgegenstehende bankenfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben die Rechtsanwälte der Kanzlei von Beginn an und gegen alle Widerstände über alle Instanzen als europarechtswidrig bekämpft. Der EuGH hat die Rechtsansicht der Verbraucherschutzexperten aus Trier jetzt höchstrichterlich bestätigt.

So entschieden die Richter des EuGH dass in dem Kreditvertrag der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben und der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu beschreiben ist.

Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen: „Das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshof ist ein historischer Sieg zugunsten des Verbraucherschutzes und eine Ohrfeige in Richtung des Bundesgerichts. So sehr wir uns über den Sieg vor dem EuGH freuen, so geschockt sind wir nach wie vor über die europarechtswidrige Entscheidungspraxis des Bundesgerichtshofs in den vergangenen Monaten und dessen beharrliche Weigerung, eine höchstrichterliche Entscheidung des EuGH herbeizuführen. Man könnte fast meinen, die Richter am Bundesgerichtshof wollten es nicht besser wissen. Die Quittung für seine bankenfreundliche Rechtsprechungspraxis hat der BGH mit dem heutigen Urteil aus Luxemburg erhalten.

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Noch nicht entschieden hat der EuGH die Frage, ob der fehlerhaft belehrte Verbraucher für Wertverluste des Fahrzeugs Ersatz schuldet und wie dieser zu berechnen ist. Nachdem mehrere Landgerichte entschieden haben, dass der Verbraucher keinen Wertersatz schuldet, vertritt der Bundesgerichtshof mittlerweile die gegenteilige Ansicht. Wie genau dieser Wertersatz zu berechnen sein soll, ist hoch umstritten und auch vom BGH noch nicht abschließend geklärt. Es bleibt spannend, wie diese Frage in der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des EuGH entscheiden wird.